Prof. Thomas Hannappel (TU Ilmenau) über DEPECOR

 

5 Fragen zu DEPECOR

Prof. Dr. Thomas Hannappel (TU Ilmenau)

CO2-WIN Connect: Herr Prof. Hannappel, beim Durchlesen des Informationsblatts zum DEPECOR-Projekt erfahren wir, dass Sie die Erzeugung von solaren Brennstoffen sowohl mittels Wasserspaltung als auch CO2-Reduktion anstreben. Können Sie uns bitte erklären, welche Brennstoffe sie produzieren wollen und wie Sie die Auswahl der Brennstoffe vornehmen (für den Fall, dass verschiedene Katalysatoren getestet werden oder dass ein Produktmix erhalten wird)?

Prof. Hannappel: Genau wie in der natürlichen Photosynthese ist Wasserstoff der erste, einfachste und grundlegendste solare Brennstoff in der Reihe der potenziellen Produkte bei der künstlichen Photosynthese. In der Natur wird dieser erste Ertrag im Prozess der Photosynthese sukzessiv für die Erzeugung höherwertiger biochemischer Produkte durch die Umwandlung von CO2 eingesetzt. Unser Projektansatz basiert auf der Idee der 'Direkten effizienten photoelektrochemischen CO2-Reduktion' (abgekürzt: DEPECOR). Dieser Ansatz kombiniert sogenannte Multi-Absorber-Halbleiterstrukturen mit effizienten Katalysatoren, die basierend auf ihrem Material, ihren Adsorptionsplätzen, ihrer Größe sowie ihrer Form speziell ausgewählt und genutzt werden. Die Redoxpotentiale der verschiedenen, potenziellen Produkte (wie Kohlenstoffmonoxid, Methan, Ameisensäure oder Ethanol) liegen in einem engen energetischen Bereich. Daher gelingt die Selektion der Produkte nicht alleine durch die im Halbleiter erzeugte Photospannung, d. h. durch das in der Halbleiterstruktur erzeugte elektrochemische Potential (sogenannte Fermi-Level Aufspaltung). Das hat zur Folge, dass die Selektivität für ein spezifisches Produkt durch die Auswahl geeigneter Katalysatoreigenschaften erreicht werden muss. Im Rahmen unserer aktuellen und vielfältigen Forschungsfragen beschäftigen wir uns darüber hinaus damit, ob oder wie ein Produktmix auf geeignete Weise verarbeitet werden kann und wie wir diese herausfordernden Prozesse weiter optimieren können.

CO2-WIN ConnectUm ihr Ziel, die Entwicklung eines Demonstrators, zu verwirklichen, arbeiten Sie mit einer Vielzahl von deutschen und internationalen Kooperationspartnern aus Wissenschaft/Hochschulen und Industrie zusammen. Können Sie uns bitte die Komplexität bestehender Bauelemente für künstliche Photosynthese erläutern und, im Speziellen, die des DEPECOR-Bauelements?

Prof. Hannappel: Die Entwicklung eines Demonstrators oder eines Prototyps ist eine Langzeitaufgabe mit vielen Facetten. Diese beinhalten die Kernkomponente, also die Halbleiter-Struktur, die funktionalen Schichten, den Katalysator, die Dynamik und Transportlimitierungen der Ladungsträger, die Edukte und Produkte sowie den modularen Aufbau inklusive der Gasaufbereitung. Im Rahmen unseres umfangreichen wissenschaftlichen Austausches diskutieren wir all diese Aspekte. Dabei treten wir nicht nur mit unseren direkten Projekt- und Industriepartnern in einen Diskurs, sondern auch mit weiteren nationalen und internationalen, assoziierten Partnern. Hier sind vor allem US-Partner zu nennen, zu denen, motiviert durch das DEPECOR-Projekt, ein lebhafter Austausch initiiert wurde. Seit dem letzten Jahr fanden bereits diverse bilaterale Workshops statt. Aufgrund der Corona-Pandemie fanden diese Workshops sowie alle Treffen der Kooperationspartner rein virtuell statt. Allerdings wurden im Rahmen dieser Treffen bereits viele Optionen der deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit im Bereich solarer Brennstoffe identifiziert und die Möglichkeiten sowie Synergien erfolgreich ausgearbeitet.

CO2-WIN ConnectWie viel kann und wird die DEPECOR-Technologie zum bestehenden Wissen über künstliche Photosynthese beitragen? Kann es der langerwartete Durchbruch sein? Und was sind die Meilensteine und Risiken in der Projekt- und Bauelemententwicklung?

Prof. Hannappel: Insbesondere durch den intensiven Austausch der amerikanischen und deutschen Experten haben wir eine Reihe essenzieller Herausforderungen identifiziert. Diese beinhalten, unter anderem, die generellen Anforderungen an die Architektur effizienter photoelektrochemischer Bauelemente für die künstliche Photosynthese und deren Prototypen. Außerdem müssen die dazugehörigen wissenschaftlichen und technologischen Fragen und Probleme betrachtet werden, zum Beispiel die Katalysatorentwicklung, die kritischen Grenzflächen, die geeigneten Strukturen von Multi-Absorber-Zellen oder das Lichtmanagement. Und vor allem soll ein grundlegendes Verständnis aufgebaut werden. Dieses verbesserte Verstehen ist der Schlüssel, um wettbewerbsfähige Energieerträge durch die künstliche Photosynthese zu generieren und um, schlussendlich, auch die Effizienz der Bauelemente im Verhältnis zu den Bauelementkosten profitabel zu gestalten. Allerdings haben die Prinzipien sowie die grundlegenden Fragen und Herausforderung aktuell die höchste Priorität. Daher kann das DEPECOR-Projekt als repräsentativer Initiator betrachtet werden, welcher die ambitionierten Ziele im Zusammenhang mit künstlicher Photosynthese widerspiegelt und adressiert.

CO2-WIN ConnectWie groß ist das angestrebte Produktionsvolumen des sich in der Entwicklung befindlichen Demonstrators? Haben Sie bereits einen Standort für die Produktion Ihres Demonstrators ins Auge gefasst?

Prof. Hannappel: Aus vergleichbaren Ansätzen, zum Beispiel bei der Entwicklung von Solarzellen, haben wir gelernt, dass Machbarkeitsstudien in der Größenordnung von einigen Quadratzentimetern bereits klar und verlässlich aufzeigen, ob ein Demonstrator für einen effizienten Betrieb geeignet ist und welche offensichtlichen Probleme auftreten. Daher planen wir die Größenordnung unseres Demonstrators im Bereich einiger Quadratzentimeter. Die Demonstratoren müssen aufeinander abgestimmte optische, optoelektronische, chemische und ionische Prozesse berücksichtigen. Gleichzeitig sollen hohe Konversionseffizienzen, katalytische Selektivität sowie photoelektrochemische Stabilität erreicht werden. Die Verknüpfung all dieser elementaren Prozesse in einem integrierten System solch einer Größenordnung beschreibt bereits eine äußerst komplexe und herausfordernde, wissenschaftliche und technologische Fragestellung an sich sowie die Problematik für die Realisierung praktischer Anwendungen.

CO2-WIN ConnectJenseits dieses speziellen Projektes, wie sieht Ihre allgemeine Vorstellung aus im Bezug zur künstlichen Photosynthese? Kann die künstliche Photosynthese Raffinerien auf lange Sicht ersetzen oder wird es kleinere, dezentrale Produktionsstätten für Brennstoffe geben?

Prof. Hannappel: Im Vergleich zu Bauelementen für die Wasserspaltung müssen für die CO2-Reduktion andere Materialstrukturen, zum Beispiel Halbleiter mit unterschiedlichen Bandlücken, in die photoelektrochemischen Zellen integriert werden. Hinsichtlich des Designs und der Demonstration effizienter und langlebiger Systeme für die Herstellung von solaren Brennstoffen durch die CO2-Reduktion bestehen noch signifikante Herausforderungen. Diese betreffen sowohl die Integration der Systemkomponenten als auch die quantitative Charakterisierung der Leistungsmerkmale. Die photoelektrochemischen Bauelemente müssen im Einsatz eine angepasste Kopplung der eingesetzten Komponenten und der elementaren Prozesse bei minimalen Spannungs- und Stromverlusten gewährleisten. Dabei sollten vorzugsweise ausreichend verfügbare Materialien mit hinreichender Stabilität eingesetzt werden, um wirtschaftlich rentable Systeme zu verwirklichen. Unsere Vision überbrückt und verbindet Grundlagenforschung und Technologieentwicklung verschiedenster, relevanter Felder bis hin zu potenziell großflächigen Anwendungen, so wie es auch in der eindrucksvollen Erfolgsgeschichte der Solarzellenentwicklung der Fall ist und war. Hinzu kommt, dass es sicherlich eine fantastische Vorstellung ist, die Natur nachahmen zu können und irgendwann stabile, wettbewerbsfähige und skalierbare Bauelemente für die künstliche Photosynthese nutzen zu können, durch die wir die CO2-Konzentration in der Luft, im Wasser oder in industriellen Prozessen durch den Einsatz von Sonnenlicht reduzieren, um daraus erneuerbare solare Brennstoffe zu erzeugen.

CO2-WIN Connect: Prof. Hannappel, glücklicherweise sofort! Vielen Dank für das Interview!

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