Oliver Posdziech (Sunfire GmbH) über HTCoEl
Bis zu 25% höhere Umwandlungseffizienz durch die Hochtemperatur-SOEC-Elektrolyse
CO2-WIN Connect: Herr Posdziech, zusammen mit 5 Projektpartnern hat Sunfire im Rahmen der Fördermaßnahme CO2-WIN das Projekt HTCoEl durchgeführt, bei dem die Weiterentwicklung der kompakten Synthesegaserzeugung durch Hochtemperatur Co-Elektrolyse vorangetrieben wurde. Was unterscheidet SOECs (solid oxide electrolyzer cells) von weiter verbreiteten Elektrolyse-Techniken wie z.B. Polymermembran- oder alkalischen Zellen und was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Vorteile und ggf. Alleinstellungsmerkmale?
Herr Posdziech: Die Hochtemperatur-SOEC-Elektrolyse von Sunfire besitzt zwei Alleinstellungsmerkmale: Steht in einer Anwendung Dampf aus Abwärme oder einem Koppelprozess wie der Fischer-Tropsch-Synthese zur Verfügung, dann besitzt sie eine deutlich höhere Umwandlungseffizienz (bis zu 25%) im Vergleich zu anderen Technologien. Dadurch kann bei gleichem Strombedarf wesentlich mehr Wasserstoff produziert werden. Zum anderen kann die SOEC im Co-Elektrolysemodus aus H2O und CO2 direkt Synthesegas (H2/CO) erzeugen.
CO2-WIN Connect: Was macht den von Ihnen gewählten Ansatz zur Produktion von Synthesegas durch Co-Elektrolyse so besonders und welche langfristigen strategischen Vorteile erwarten Sie sich von dieser Technik?
Herr Posdziech: Grüner Wasserstoff leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Dekarbonisierung. Es ist jedoch auch wichtig zu verstehen, dass viele chemische Produkte auf dem Einsatz von Kohlenwasserstoffen beruhen, die aus Synthesegas hergestellt werden können. Mit der direkten Produktion von Synthesegas in der Elektrolyse kann ein aufwendiger Konvertierungsschritt eingespart werden. Zusammen mit dem höheren Wirkungsgrad bedeutet dies einen signifikanten Vorteil bei den CAPEX und OPEX. Eine sehr interessante Anwendung ist die Erzeugung von synthetischen Kraftstoffen mittels der Fischer-Tropsch Synthese. Hier schauen wir insbesondere auf die Bereiche Luft- und Schifffahrt, da diese nur sehr schwer elektrifiziert werden können.
CO2-WIN Connect: Derzeit wird die Technologie einem TRL 6 zugeordnet. Was waren die entscheidenden Fortschritte innerhalb des Projektes und wo besteht noch der größte Bedarf an weiterer Entwicklung und Forschung, um die nächsten TRL zu erreichen? Wie ist z.B. die Langlebigkeit der Bauelement unter den hohen Temperaturen zu gewährleisten bzw. noch zu verbessern?
Herr Posdziech: Wir haben die Technologie der Co-Elektrolyse erstmals in einem Modul in einer industriell interessanten Größenordnung von 230 kW getestet. Das ist für uns ein großer Meilenstein. Dabei haben wir kritische Komponenten wie Reformer oder elektrische Heizer entwickelt und werkstofftechnische Fragestellungen Rund um den Einsatz von Synthesegas bearbeitet.
Langlebigkeit ist für uns natürlich nach wie vor ein Thema. Hier erwarten die Kunden eine Lebensdauer von 20 Jahren und mehr, was wir in Prototypenprojekten schrittweise nachweisen müssen. Auch bei der Regelung der Module, insbesondere in einer direkten Verschaltung mit Syntheseprozessen, sind noch einige Themen zu entwickeln und zu verifizieren. Weiterhin haben wir uns dazu entschlossen, noch mal einen Entwicklungsschritt sowohl beim Stack als auch in der Anlagenperipherie zu gehen, um unsere Kosten signifikant senken zu können.
CO2-WIN Connect: Welche Schritte sind darüber hinaus notwendig, um Marktreife und Massenproduktion zu erreichen und in welchem Zeitrahmen ist damit zu rechnen? Ist die baulich kompakte Anlagenperipherie und die SOEC-Technik prinzipiell modular gestaltet und einfach skalierbar?
Herr Posdziech: Parallel zur Entwicklung baut Sunfire eine Pilotproduktion für Stacks auf. Diese soll Anfang 2026 in Betrieb gehen. Damit kann Sunfire Prototypenprojekte zur Validierung der Technologie in der Größenordnung bis 50 MW bedienen. Danach werden wir die Serienproduktion aufbauen. Wir rechnen damit, dass diese 2027/2028 zur Verfügung stehen wird. Im ersten Schritt werden wir uns auf die risikoärmere reine Wasserstofferzeugung in Kundenprojekten fokussieren, bevor wir nach einer erfolgreichen Validierung den Umstieg auf Synthesegas angehen.
Wir arbeiten daran, die Größe und Leistungsdichte unserer Module noch einmal signifikant zu erhöhen. Hier wollen wir von den derzeit 230 kW auf mindestens 10 MW kommen, die in Kundenanwendungen dann vervielfältigt wird. Wenn man sich eine großtechnische Power-to-Liquid-Anlage vorstellt, dann wird diese eine Leistungsgröße von mehr als 1 GW haben, um wirtschaftlich zu sein. Hier ist es ein großer Unterschied, ob man 100 oder 5000 Einzelmodule verbauen und betreiben möchte.
CO2-WIN Connect: Wie dynamisch ist die Technik bzgl. der Auslastung? Ist nur ein Dauerbetrieb unter Volllast sinnvoll, oder können auch kurzfristige Schwankungen in der Bereitstellung von erneuerbarem Strom ausgeglichen werden?
Herr Posdziech: Die Module können ihre Last innerhalb von wenigen Minuten vom Leerlauf (Hot Stand-by) in den Lastbetrieb überführen und zurück. Damit ist eine sehr hohe Dynamik gegeben, da bei einer großen Anzahl paralleler Module einfach einzelnen Einheiten weggeschaltet werden können. Nur wenn über einen längeren Zeitraum keine erneuerbare Energie zur Verfügung steht, würde man die Module komplett ausschalten. Ein Wiederanfahren dauert dann mehrere Stunden. In der Kopplung mit Syntheseprozessen wird die Dynamik eine untergeordnete Rolle spielen, da die Lastwechselgeschwindigkeit der Synthesen den limitierenden Faktor darstellen.
CO2-WIN Connect: Welchen Markt für PtX Produkte wollen Sie zukünftig vor allem durch Ihre Hochtemperatur Co-Elektrolyseure bedienen? Und wie verlässlich und förderlich sehen Sie EU-Vorgaben für PtX Produkte z.B. PtL-Quoten für SAF und im maritimen Bereich, um ihrer Technologie zum Erfolg zu verhelfen? Gibt es hier noch (rechtliche) Hindernisse und weitere Rahmenbedingungen (z.B. Fördermaßnahmen), die Sie sich wünschen würden?
Herr Posdziech: Bei der Co-Elektrolyse schauen wir sehr stark auf SAF und Methanol. Methanol kann einerseits als Kraftstoff, zum Beispiel für Schiffe, verwendet werden und ist andererseits Ausgangsprodukt für viele Chemikalien. Die politische Begleitung des Markthochlaufs ist für die erneuerbaren Kraftstoffe und Chemikalien extrem wichtig. Initiativen wie die EU-Wasserstoffbank sind ein richtiges Instrument, um eine erste Nachfragewelle auszulösen, indem sie Geschäftsmodelle und damit finale Investitionsentscheidungen ermöglichen. Die finanzielle Ausstattung dieser Fördermaßnahme reicht aber bei weitem nicht aus. Zudem stehen die Förderinstrumente zum Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in Europa auch Herstellern außerhalb der EU offen. Hier sollten die Fehler der Photovoltaik nicht wiederholt werden. Im Rahmen einer intelligenten Industriepolitik sollte die finanzielle Förderung des Wasserstoffmarktes daher konsequent an europäische Wertschöpfung gekoppelt werden. Konkret heißt das: die nächsten Ausschreibungsrunden der EU-Wasserstoffbank müssen nicht-preisliche Kriterien enthalten, die Qualität, Nachhaltigkeit und europäische Produktion voraussetzen.
Im Rahmen des Fit-for-55 Programms der EU sind in ReFuel EU Aviation und FuelEU Maritime interessante Quotenvorgaben enthalten, die entsprechend ratifiziert werden müssen. Auch wenn die Ziele mit 1,2% synthetischem SAF in 2030 zunächst wenig ambitioniert scheinen, würden damit Elektrolysekapazitäten von 2 GW benötigt. In den Folgejahren steigt der Anteil von synthetischem SAF, der beigemischt werden muss, weiter stark an.
CO2-WIN Connect: Kann der zukünftige Bedarf an PtX-Produkten innerhalb Deutschlands und der EU von diesen selbst gedeckt werden, oder rechnen Sie damit, dass ein Großteil der Produktion außerhalb der EU stattfindet, z.B. in Regionen, in denen mehr erneuerbarer Strom für diese Zwecke zur Verfügung stehen wird? D.h. analysieren und beobachten Sie auch schon die Exportmöglichkeiten (außerhalb der EU)?
Herr Posdziech: Durch die deutlich höhere Umwandlungseffizienz eignet sich die Technologie insbesondere für Anwendungen mit hohen Strompreisen. Dennoch sehen wir auch, dass die Potentiale für erneuerbare Energie innerhalb Deutschlands limitiert sind und die Stromkosten für konkurrenzfähige PtX-Produkte kritisch sein können. Gerade bei erneuerbarem Kraftstoff ist der Anteil des Stroms an den finalen Produktkosten sehr hoch. Hier werden Regionen in der EU und weltweit profieren, in denen der großflächige Ausbau von sehr günstigen erneuerbaren Energien möglich ist. Es ist ein Vorteil der erneuerbaren Kraftstoffe gegenüber Wasserstoff, dass diese sehr gut transportierbar sind und eine großskalige Logistik wie Tanker, Häfen oder Pipelines bereits existiert. Momentan fokussieren wir uns als Firma noch auf den europäischen Markt, nichtdestotrotz schauen wir uns global an, welche Zielländer hier interessant sind und wo sich Projektchancen eröffnen könnten.
CO2-WIN Connect: Herr Posdziech, vielen Dank für das Interview!
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