Dirk Holtmann (KIT) über GAMES

Gasdiffusionselektroden für gekoppelte mikrobielle Elektrosynthesen aus CO2

Dirk Holtmann (KIT)

CO2-WIN Connect: Herr Prof. Holtmann, im Projekt „GAMES“ arbeiten Sie und ihre Forschungspartner an mikrobiellen Elektrosynthesen aus CO2, basierend auf Gasdiffusionselektroden. Können Sie bitte kurz erklären wie eine Gasdiffusionselektrode (GDE) funktioniert und wie sich die innerhalb von GAMES entwickelte GDE von jenen, z.B. in Brennstoffzellen verwendeten, unterscheidet?

Herr Holtmann: Gasdiffusionselektroden (GDE) sind spezielle Elektroden, die in elektrochemischen Systemen wie Brennstoffzellen, Elektrolyseuren und Batterien verwendet werden. Sie ermöglichen die effiziente Umsetzung von gasförmigen Reaktanten an einer Elektrodenoberfläche. Ganz allgemein haben Gasdiffusionselektroden eine zentrale Rolle in der modernen Elektrochemie, insbesondere in Technologien, die auf der Umwandlung von chemischer in elektrische Energie basieren und umgekehrt. Die GDEs bestehen aus verschiedenen Komponenten, hier ist besonders die Katalysator-Schicht wichtig, diese Schicht ist entscheidend für die elektrochemische Reaktion. Gasförmige Reaktanten (wie Wasserstoff in einer Brennstoffzelle oder Sauerstoff in einem Elektrolyseur) diffundieren durch die poröse Struktur der Elektrode zur Katalysatorschicht. Die poröse Struktur sorgt dafür, dass die Gasdiffusion effektiv und schnell erfolgt. An der Katalysatorschicht finden die elektrochemischen Reaktionen statt. Bei einer Brennstoffzelle wird zum Beispiel Wasserstoff an der Anode in Protonen und Elektronen aufgespalten, während an der Kathode Sauerstoff zu Wasser reagiert. Besondere Vorteile der GDEs sind:

• Hohe Reaktionsraten: Durch die große Oberfläche der porösen Struktur und die effektive Diffusion der gasförmigen Reaktanten können hohe Reaktionsraten erzielt werden, ohne dass die Gase zunächst im Elektrolyten gelöst werden müssen.

• Effiziente Nutzung von Katalysatoren: Die Katalysatorschicht ist oft dünn, was eine effiziente Nutzung des teuren Katalysatormaterials ermöglicht.

• Skalierbarkeit: Gasdiffusionselektroden können in verschiedenen Größen und Formen hergestellt werden, was sie für eine Vielzahl von Anwendungen geeignet macht.

Vom generellen Aufbau her unterscheiden sich GDE in elektrobiotechnologischen Anwendungen nicht von rein elektrochemischen Anwendungen. Unterschiede bestehen in den verwendeten Elektrolyten und den elektrochemischen Bedingungen, die biokompatibel sein müssen.

CO2-WIN Connect: Ihr Projektkonsortium entwickelt Verfahren für die gekoppelte elektrochemisch-mikrobielle Synthese, wobei in einem ersten Schritt an einer GDE CO2 zu Formiat reduziert und dieses wiederum, in einem weiteren Schritt, biotechnologisch zu industriell relevanten Wertstoffen umgewandelt wird. Sie kombinieren also elektrochemische, mikrobiologische, biotechnologische und verfahrenstechnische Aspekte. In welchem dieser Bereiche wurden die größten Fortschritte erzielt? Welcher Bereich ist am kritischsten? Lassen sich die einzelnen Bereiche so klar voneinander trennen, oder sind die entscheidenden Fortschritte und Innovationen eher an den Schnittstellen zu verorten?

Herr Holtmann: Diese Schritte können nie separat betrachtet werden, alle Schritte müssen ganzheitlich betrachtet werden. Das ist gerade das Besondere am Projekt GAMES, hier arbeiten Forscherinnen und Forscher aus allen Bereichen zusammen, um zu effektiven Gesamtprozessen zu kommen. Unsere Innovationen liegen einerseits in Teilbereichen wie der Herstellung besserer GDEs oder dem vertieften Verständnis der mikrobiellen Nutzung von Formiat. Aber auf der anderen Seite eben auch in der Integration aller Einzelschritte zu einem effizienten Gesamtprozess.

CO2-WIN Connect: Bietet sich ihrer Meinung nach die gekoppelte elektrochemisch-mikrobielle Synthese im großen Maßstab als Technologie zur Speicherung überschüssiger elektrischer Energie an? Oder sind die erzeugten Wertstoffe überwiegend für die industrielle Weiterverarbeitung interessant?

Herr Holtmann: Beides! Wir können überschüssige elektrische Energie sehr gut als Formiat speichern und darauf vielfältige Zwischenprodukte und Produkte herstellen, z.B. Alkane, Alkohole, Aldehyde, komplexe Kohlenhydrate oder Biokunststoffe. Die Technologieplattformen in GAMES sind sehr flexibel einsetzbar und sehr gut auf andere Anwendungen mit unterschiedlichen Organismen übertragbar.

CO2-WIN Connect: Erklären Sie uns doch bitte was unter einer biokompatiblen drop-in Elektrolyse zu verstehen ist und welche Rolle diese innerhalb des Projektes spielt.

Herr Holtmann:Es gibt verschiedene Konfigurationen, die die Teilschritte CO2-Reduktion zu Formiat und anschließende mikrobielle Umsetzung kombinieren. Dies kann z. B. in vollständig getrennten Schritten mit zwischengeschalteter Aufreinigung des Formiats erfolgen. Bei der biokompatiblen Drop-in-Elektrolyse (ex-cell) wird die Formiatlösung ohne zusätzlichen Zwischenschritt in einem Elektrolyten hergestellt, der sehr gute elektrochemische Eigenschaften aufweist und gleichzeitig in mikrobiellen Kulturen eingesetzt werden kann. Dies trägt zur Prozessvereinfachung und zur Reduzierung des Rohstoffeinsatzes bei.

CO2-WIN Connect: Eines der angestrebten Projektziele ist neue Wertschöpfungen für Biogasanlagenbetreiber zu generieren. Können Sie bitte konkretisieren, was hiermit gemeint ist, und welche Fortschritte diesbezüglich erreicht wurden.

Herr Holtmann: Hier geht es um die elektrochemische Umwandlung von CO2, insbesondere aus Biogas, zu Formiat in Zeiten von Stromüberschüssen oder sehr günstigen Strompreisen. Das Formiat kann dann zu Methan umgewandelt und z.B. als Biomethan in das Gasnetz eingespeist werden. Hier schaffen wir einen Strompuffer, der bei Bedarf wieder in den Energiesektor zurückgeführt werden kann.

CO2-WIN Connect: Das Projekt GAMES wird in Kürze abgeschlossen. Wie sehen die nächsten Schritte aus und welche Vision haben Sie für den zukünftigen Einsatz und die Relevanz Ihrer neuen Technologie?

Herr Holtmann: Das Projekt endet im März 2025, wir müssen noch einige Forschungsarbeiten abschließen. Wir sind aber auch schon in der finalen Verwertungsphase, einige Publikationen sind in Arbeit, die Promotionsvorhaben nähern sich dem Ende. Das Wichtigste ist aber der Transfer in die reale Anwendung, der sowohl in weiteren öffentlich geförderten Projekten als auch in bilateralen Folgeprojekten mit der Industrie erfolgen soll. Das ist auch die Vision von GAMES - GDE-basierte Bioprozesse in die Anwendung zu bringen - und da sind wir schon auf einem sehr guten Weg. Die besondere Relevanz ergibt sich zum einen aus der Kopplung des Energiesektors mit der chemischen Produktion und zum anderen aus der Nutzung von CO2 als Rohstoff und dem damit verbundenen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Damit wird eine moderne Kreislaufwirtschaft im Sinne der Bioökonomie möglich.

CO2-WIN Connect: Herr Holtmann, vielen Dank für das Interview!

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