Hagen Bültemeier (DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH) über Bio-UGS

 

Gezielte biologische Umwandlung von Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff zu Methan in Poren-Untergrundspeichern

 

Portrait des Interviewgebers Hagen Bültemeier
Hagen Bültemeier, DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH

CO2WIN Connect: Sehr geehrter Herr Bültemeier, im Projekt Bio-UGS sollen unter anderem verschiedene deutsche Poren-Untergrundspeicher (UGS) im Hinblick auf ihr Nutzungspotential für die mikrobielle Erzeugung und Speicherung von Methan, welches aus industriellem CO2 und grünem Wasserstoff, erzeugt wird, analysiert werden. Können Sie und sagen, ob bereits geeignete Reservoirs/UGS identifiziert wurden bzw., ob die Aussage, dass alle Reservoirs grundsätzlich nutzbar sind weiterhin zutreffen ist?

Hagen Bültemeier:
Im Projekt Bio-UGS arbeiten wir intensiv an genau dieser Fragestellung. Alle derzeit in Betrieb befindlichen Poren-Untergrundspeicher weisen ein theoretisches Gesamtpotenzial von ca. 19 Mrd. Nm3 Gesamtgasvolumen auf. Ob dieses auch für die Untergrund-Bio-Methanisierung nutzbar ist, hängt von einer Reihe von Einflussfaktoren ab. Zunächst einmal das Vorkommen methanogener Mikroorganismen, die ja als Katalysator für die Reaktion von Wasserstoff und CO2 zu Methan und Wasser dienen, sowie die Druck-, Temperatur- und salinen Bedingungen der jeweiligen Speicher.
Durch das gewonnene Probenmaterial und entsprechende Laborversuche zu Methanisierungsraten und mikrobiellen Wachstum konnten die für die Bio-Methanisierung vorteilhaften Bedingungen identifiziert werden. Es zeigt sich, dass die Salinität des Lagerstättenwassers weniger als 50 g/L betragen, und die Temperatur zwischen 25 und 55 °C liegen sollte. Die Temperatur korreliert stark mit der Teufe eines Speichers, wohingegen die Salinität sehr unterschiedlich ist. Als Faustregel kann man sagen, dass die Poren-UGS in Norddeutschland eine höhere Salinität aufweisen, als die in Süddeutschland. Es ist also bereits absehbar, dass nur ein Teil der deutschen UGS geeignet sein wird. Dazu kommen aber noch weitere Standorte mit ähnlichen geologischen Eigenschaften, die derzeit nicht als Speicher erschlossen / genutzt werden. Die Analyse des Gesamtpotenzials ist Gegenstand umfangreicher Reservoir-Simulationsarbeiten. Für einen Einblick in diese verweise ich auf die Veröffentlichung „Development of a New Workflow to Underground Biomethanation Simulation Using CMG STARS“, gezeigt auf der World Gas Conference 2022. Die finalen Ergebnisse werden dann auf unserem Abschlussworkshop zum Projekt vorgestellt.

CO2WIN Connect: Möchten Sie uns etwas detaillierter erklären, welche Kriterien einen attraktiven Speicher (im Hinblick auf das Projekt) ausmachen?

Hagen Bültemeier:
Neben dem oben genannten Temperaturbereich und der Salinität ist das Vorhandensein von methanogenen Mikroorganismen entscheidend. Sollten in einer geologisch geeigneten Formation aber keine ausreichenden Konzentrationen an methanogenen Mikroorganismen angetroffen werden, wäre noch die künstliche Einbringung von solchen denkbar. Dies wird derzeit noch in Laborversuchen untersucht.
Aus geologischer und Reservoir-mechanischer Sicht sollte ein Speicher zudem gute Strömungseigenschaften aufweisen, so dass das gebildete Bio-Methan gut zu den Produktionsbohrungen strömen können. Weiterhin ist hier eine gewisse Fallenstruktur, z.B. antiklinale Ausprägung (Beispiel siehe Abbildungen 6 und 7 in o.g. Veröffentlichung) einer Speicherformation über mehrere Meter Teufe von Vorteil, damit das ebenfalls bei der Methanisierung gebildete Wasser, das schwerer als Methan ist, in den tieferen Lagen des Speichers bleibt und möglichst wenig oder gar nicht zur Produktionsbohrung strömt und so das Methan verdrängt.

CO2WIN Connect: Auf Ihrer DBI-Website wird erwähnt, dass eine ganzheitliche Erfassung der fördernden und hemmenden Einflüsse auf die UBM vorgesehen ist. Zur Geologie und Petrophysik haben Sie uns bereits etwas geschildert. Was hat es mit den abiotischen Reaktionen auf sich?


Hagen Bültemeier: Neben der Bio-Methanisierung laufen noch potenziell weitere, ungewünschte mikrobielle Nebenreaktionen ab, die ebenfalls untersucht werden. Da sind vor allem die Sulfatreduktion und die Acetogenese zu nennen:

Beide Reaktionen verbrauchen den Wasserstoff, führen aber eben nicht zur Bildung des gewünschten Methans. Insbesondere die erste Reaktion ist problematisch, da sie in der Bildung von H2S, also Schwefelwasserstoff, resultiert. Dieses ist toxisch und würde ab einer Konzentration von 1 Vol-% im gebildeten Methan als Sauergas gelten, welches korrosiv wirkt und entsprechende Schutzeinrichtungen erforderlich machen. Jedoch stellt auch das als Edukt injizierte CO2 Anforderungen an die technische Bohrausrüstung, da es ebenfalls leicht korrosiv ist, wenn es sich in Wasser löst.

CO2WIN Connect: Anhand Ihrer gewonnenen Erkenntnisse zu Reaktionsgeschwindigkeiten, Gassättigungsverteilungen, Mischungsprozessen, Druckentwicklung, Wassertrieb, u.a. sollten realistische Betriebsszenarien für die verschiedenen Standorte / Reservoir-Typen entworfen werden. Können Sie uns dazu mehr sagen?

Hagen Bültemeier: Ja, auf Basis der Bandbreite an geologischen, mineralogischen und petro-physikalischen Eigenschaften der deutschen UGS wurden mehrere Reservoirmodelle erstellt, die die verschiedenen Reservoirtypen darstellen und dabei die jeweils relevanten Mechanismen abbilden (z.B. ein starker Wasserzufluss in einem Aquifer oder ein hoher Anteil an Resterdgas bei einer ausgeförderten Lagerstätte). Diese Reservoirsimulationsmodelle wurden mit der mikrobiellen Reaktionskinetik gekoppelt und es wird nun analysiert, wie sich die Bio-Methanisierung in welchen Reservoir- und UGS(-typen) verhält: also wo besonders viel Methan besonders schnell gebildet wird, wo die Strömungsprozesse am vorteilhaftesten sind oder mit wie vielen Speicherzyklen pro Jahr man arbeiten kann. Hier laufen die Arbeiten noch.

CO2WIN Connect: Die methanogenen Mikroben in den UGS sind ja ein Schlüsselelement im Projekt. Wie sensibel sind diese Mikroben gegenüber den in den UGS vorherrschenden Bedingungen? Sprich, ist die Mikrobenpopulation stabil, oder könnten Schwankungen oder Run-Away-Effekte erwartet werden?


Hagen Bültemeier:
Es können Schwankungen erwartet werden. Sowohl der injizierte Wasserstoff als auch Resterdgas (also eine Kohlenstoffquelle) dienen den Mikroorganismen als Nahrungsquelle. Je höher dann wiederum die mikrobielle Population, desto höher ist potenziell die Bio-Methanisierung. Die mikrobielle Population ist also einerseits von den geologischen Bedingungen im Speicher abhängig (s. oben und auch Abbildung 2 der o.g. Veröffentlichung), aber auch vom verfügbaren Nährstoffangebot, und als Nährstoff dient wiederrum ein Teil des injizierten Wasserstoffs. Die mikrobielle Population schwankt also in Abhängigkeit des verfügbaren Nährstoffangebots. Zu Zeitpunkten, in denen ein Überangebot an Nährstoffen für die mikrobielle Population vorliegt, ist das Wachstum exponentiell. Umgekehrt verhält es sich in Zeiten von Unterangebot an Nährstoffen.
Zudem sind die Methan-Bildungsgeschwindigkeiten von Bedeutung. Die in den Laborversuchen ermittelten Bio-Methanbildungsrate bewegen sich im Bereich 0,0003 bis 6,5 mol pro Tag und pro Kubikmeter Mikroorganismen unter Reservoirbedingungen. Dies ist durchaus eine nicht unerhebliche Spanne und verdeutlicht, dass bestimmte Reservoire geeigneter sein werden als andere. Die jährlich produzierbare Menge an Bio-Methan wird also auch sehr unterschiedlich sein, und sich auf die möglichen Speicherzyklen pro Jahr auswirken.

CO2WIN Connect: Um den nächsten Schritt zu schaffen, suchte das Projekt bereits seit Anfang an interessierte UGS-Betreiber. Haben sich im Laufe des Projekts bereits Partnerschaften oder Diskussionen angebahnt?


Hagen Bültemeier:
Ja. Wir haben mehrere UGS-Betreiber als offizielle assoziierte Partner (Storengy, VGS, terranets BW, NAFTA), als auch weitere, die das Projekt anonym unterstützen. Manche Firmen waren bereits in der Antragsphase mit dem Projekt assoziiert, andere kamen im Laufe der Projektdurchführung dazu. Für die UGS-Betreiber ist dabei natürlich die Frage vordergründig, ob die Untergrund-Bio-Methanisierung ein tragfähiges Geschäftsmodell im Rahmen der Energiewende sein kann.

CO2WIN Connect: Das Projekt ist nun bald beendet. Wie soll es weiter gehen? In der industriellen Umsetzung wird es sicherlich einen Bedarf an MSR-Technik und Sensoren geben, um bspw. den Wasserstoff- und Methanschlupf zu messen, sowie die Bedingungen (Temperatur, Druck, Gasekonzentrationen) zu erfassen und steuern. Wie weit sind Konzepte der Umsetzung in diesem Bereich gereift?


Hagen Bültemeier:
Die Entwicklung von geeigneten Monitoring-Konzepten und Verfahren ist in der Tat ein Arbeitspaket des Projekts. Mit der Antwort auf diese Frage würde ich dennoch gern bis zum Projektende und den Abschlussworkshop mit unseren Partnern warten. Wie es mit der industriellen Umsetzung weitergehen kann, hängt ja maßgeblich von der Wirtschaftlichkeit ab, und da sind wir wieder bei den Betriebsszenarien.

CO2WIN Connect: Sehr geehrter Herr Bültemeier, wir danken Ihnen für die Einblicke in das Projekt und freuen uns auf Ihre Präsentation der finalen Ergebnisse auf der CO2WIN-Abschlusskonferenz im September 2023.

 

Sie möchten noch mehr über das BMBF-geförderte Projekt Bio-UGS erfahren?

Hier gelangen Sie zur Projektvorstellung

X

Wir verwenden Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige sind notwendig, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern.

Diese Seite nutzt Website Tracking-Technologien von Dritten, um ihre Dienste anzubieten. Ich bin damit einverstanden und kann meine Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder ändern.

Ablehnen Akzeptieren EinstellungenImpressumDatenschutz